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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 28.11.2002
Aktenzeichen: 6 U 85/02
Rechtsgebiete: UWG, LMBG
Vorschriften:
UWG § 3 | |
LMBG § 17 Abs. 1 Nr. 5 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
Verkündet am 28.11.2002
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2002 beschlossen:
Tenor:
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe:
I.
Die Beklagte bot in den von ihr betriebenen Supermärkten Hühnereier aus Batteriehaltung in einer Verpackung an, deren Außen- und Innenseiten nachfolgend wiedergegeben werden.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, hat die Beklagte wegen dieser Verpackung mit dem Vorwurf der Irreführung (§§ 3 UWG, 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG) auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Klage hatte in erster Instanz hinsichtlich der Verpackungsinnenseite Erfolg; hinsichtlich der Verpackungsaußenseite hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben der Kläger Berufung und die Beklagte Anschlussberufung eingelegt.
In der Berufungsverhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat.
II.
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung waren der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 91 a ZPO) die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da ohne die Abgabe der Unterwerfungserklärung durch die Beklagte die Berufung des Klägers voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, während die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen worden wäre.
Dem Kläger standen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 3 UWG, 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG zu, da sowohl die Außen- als auch die Innenseite der beanstandeten Verpackung beim angesprochenen Verkehr die unzutreffende und für die Kaufentscheidung möglicherweise maßgebliche Vorstellung hervorrufen konnte, die angebotenen Eier stammten nicht aus Batteriehaltung, sondern aus einer anderen, artgerechteren Haltungsform wie etwa der Boden- oder Freilandhaltung.
Für die Beurteilung ist abzustellen auf das Verständnis des verständigen Durchschnittsverbrauchers, der dem Werbeverhalten mit situationsadäquater Aufmerksamkeit gegenübertritt (vgl. BGH WRP 02, 81, 84 - Anwalts- und Steuerkanzlei - mit weiteren Nachweisen). Der Kauf von Hühnereiern in kleineren Mengen stellt ein Geschäft zur Deckung des Alltagsbedarfs an Lebensmitteln dar, bei dem auch der verständige Verbraucher- insbesondere im Supermarkt- insoweit mit einer gewissen Flüchtigkeit vorgeht, als er sich bei der Bewertung eines Angebots regelmäßig von seinem ersten Eindruck leiten lässt. Er sieht schon im Hinblick auf den geringen Wert des Kaufgegenstandes keinen Anlass, die Richtigkeit dieses ersten Eindrucks etwa durch Kontroll- oder Plausibilitätsüberlegungen kritisch zu hinterfragen.
Ausgehend von dieser Verkehrsgewohnheit vermittelt die Außenseite der beanstandeten Verpackung dem Verbraucher die Erwartung, die darin angebotenen Eier stammten jedenfalls nicht aus Batteriehaltung, sondern aus einer artgerechteren Haltungsform. Zwar enthält die Aufmachung keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Haltungsform. Die zeichnerische Abbildung auf der Verpackung, mit der zumindest beispielhaft die "Heimat" der Hühner umrissen werden soll, welche die Eier gelegt haben, vermittelt jedoch das Bild einer kleinbäuerlichen Idylle in unberührter Natur. Mit diesem Bild ist eine Batteriehaltung unvereinbar; vielmehr drängt sich die Vorstellung einer Herkunft aus Freiland- oder Bodenhaltung derart auf, dass dem Verbraucher schon aufgrund der Abbildung eine entsprechende konkrete Erwartung vermittelt wird.
Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf, dass vergleichbare Motive auch bei anderen Lebensmitteln, etwa Milcherzeugnissen, Verwendung fänden und vom Verkehr nur als Form der Sympathiewerbung ohne konkreten Aussagegehalt eingestuft würden. Es kann dahinstehen, welche Verkehrserwartungen ähnliche Motive auf Verpackungen anderer Lebensmittel hervorrufen und ob diese Erwartungen von den jeweiligen Erzeugnissen erfüllt werden. Bei Hühnereiern besteht jedenfalls die Besonderheit, dass die unterschiedlichen Haltungsformen von Hühnern dem Verbraucher inzwischen geläufig sind und ein wesentliches Kriterium für die Kaufentscheidung darstellen können. Daher ist der geschilderte Schluss von der beanstandeten Abbildung auf eine artgerechte Haltungsform besonders naheliegend.
Weiter hat die Beklagte zwar mit Recht darauf hingewiesen, dass Verpackungen für Eier aus Freiland- oder Bodenhaltung häufig einen ausdrücklichen Hinweis auf die jeweilige Haltungsform enthalten, weshalb das Fehlen eines solchen ausdrücklichen Hinweises auf der streitgegenständlichen Verpackung Anlass sein könnte, die Richtigkeit des durch die zeichnerische Abbildung vermittelten Eindrucks in Frage zu stellen. Hierbei handelt es sich jedoch um eine zusätzliche Kontrollüberlegung, die der Durchschnittsverbraucher aus den eingangs genannten Gründen in der hier zu beurteilenden konkreten Kaufsituation gerade nicht anstellt.
Die gleiche Irreführungsgefahr geht - wie das Landgericht mit zutreffenden Gründen angenommen hat - von der Innenseite der beanstandeten Verpackung aus. Aufgrund der Gestaltung des Hinweises mit der Überschrift "Herkunftssicherung" und dem plakativen auf die Zahl 1 gerichteten Pfeil meint der verständige Durchschnittsverbraucher, dass sich in dieser Packung Eier der Haltungsform 1 (= Freilandhaltung) befinden. Bei Anwendung der situationsadäquaten, das heißt hier eher geringen, Aufmerksamkeit ist für ihn insbesondere nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu erkennen, dass es sich bei der Zahlenangabe 1 für die Haltungsform nur um ein Beispiel der in Frage kommenden Haltungsform von 0 (= Bio/Öko) bis 5 (= Batteriehaltung) handeln und es allein auf die- mit dem Beispiel nicht identische - Codenummer auf den in der Packung befindlichen Eiern ankommen soll. Dieser bloße Beispielscharakter des Hinweises, mit dem der Verbraucher nicht rechnet, hätte deutlich und unmissverständlich hervorgehoben werden müssen. Der kleingedruckte Zusatz "z.B." reicht hierzu bei weitem nicht aus.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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